Unhealthy Claims: Ist rotes Fleisch wirklich ungesund?

WHO-Studie: Der Konsum von verarbeitetem rotem Fleisch sei ungesund und würde unter anderem das Risiko steigern, an Darmkrebs zu erkranken.
Unhealthy Claims: Ist rotes Fleisch wirklich ungesund? - Alpahirt

Vor einigen Jahren, genauer im Jahr 2015, veröffentlichte die Weltgesundheitsorganisation (WHO) der Vereinten Nationen eine Studie zu den gesundheitlichen Auswirkungen des Fleischkonsums (insbesondere rotes Fleisch). Das Resultat ging damals in Form von teils reisserischen Zeitungsüberschriften um die Welt: der Konsum von verarbeitetem rotem Fleisch (also insbesondere Rindfleisch) sei ungesund und würde unter anderem das Risiko steigern, an Darmkrebs zu erkranken. Die Ergebnisse wurden allerdings auch kritisiert, und, auch von der WHO selbst, relativiert: Unter anderem sei das Risiko in absoluten Zahlen betrachtet gering.

Da wir bei Alpahirt grundsätzlich neugierig sind, wollen wir für euch noch einmal nachbohren und haben recherchiert, um einige offene Fragestellungen besser verstehen zu können. Wie sind die Daten von dazumal zu verstehen? Wie sieht der aktuelle Wissensstand sieben Jahre danach aus? Und was bedeutet das alles für einen Fleischkonsum im Einklang mit der menschlichen Gesundheit?

Die WHO-Studie zu "rotes Fleisch"

Zuerst zur bekannten Studie: Das Paper aus dem Jahr 2015 war eine Meta-Studie zum Konsum zweier „Fleischkategorien“: rotes Fleisch sowie verarbeitetes Fleisch. Das heisst, die Autoren führten nicht selbst Versuche oder Untersuchungen durch. Sie befassten sich stattdessen mit anderen Studien zur selben Thematik, um deren Ergebnisse zu analysieren und zusammenzufassen. Dabei fanden sie aus einem Pool von über 800 Studien 10 Stück, die schätzten, dass der tägliche Verzehr jeder 50-Gramm Portion an verarbeitetem Fleisch das Darmkrebsrisiko um 18 % steigere. Das Ergebnis: verarbeitetes Fleisch wurde hinsichtlich des gesundheitlichen Risikos in die Kategorie der sogenannten Klasse-I Stoffe aufgenommen. Somit stand rotes Fleisch auf einer Liste mit beispielsweise Nikotin und Asbest!

Allerdings relativieren die Autoren die Ergebnisse schon in der Studie selbst: Die Daten besässen nur limitierte Aussagekraft, da Irrtümer („Biasses“) in den untersuchten Studien nicht ausgeschlossen werden könnten. Ein kausaler Zusammenhang zwischen Fleisch und Darmkrebs konnte auch deshalb nicht abschliessend bestätigt werden.

Der Zusammenhang zwischen krebserregenden Nitrosaminen und verarbeitetem oder rotem Fleisch

Die genauen Mechanismen hinter den angeblich negativen gesundheitlichen Folgen sind nicht geklärt. Bei Versuchen mit Ratten wurde die Entstehung von Krebszellen beobachtet, die mit nitrithaltigem, gekochtem Fleisch gefüttert wurden. Grundsätzlich vermuten die Autoren der Studie, dass der darunter liegende Mechanismus mit den sogenannten Nitrosaminen zusammenhängen könnte. Dies sind Moleküle, die entstehen können, wenn Nitrate oder Nitrite im Fleisch neue Verbindungen eingehen.

Nitrite und Nitrate sind Hauptbestandteil des Pökelsalzes, das die meisten Verarbeiter der Fleischindustrie ihren Produkten zufügen (mehr zu den gesundheitlichen Auswirkungen von Pökelsalzen und dem Umgang mit Nitriten und Nitraten bei Alpahirt findest du hier und in einem unserer Newsletter). Das Kochen von nitrithaltigen Lebensmitteln unter hohen Temperaturen würde diesen Effekt verstärken. Hohe Nitritkonzentrationen im Blut werden ausserdem auch mit einer gestörten Insulinsensitivität in Verbindung gebracht. Insulin ist verantwortlich für den Abtransport des Blutzuckers in die Zellen. Die Störung des Insulinhaushaltes spielt eine entscheidende Rolle bei der Entstehung von Typ-II Diabetes. Ob und, wenn ja, wie stark diese Faktoren einen Einfluss auf die Entstehung von Krebs haben, ist allerdings wie gesagt nicht geklärt. Ausserdem kommen Nitrite auch in grösserer Menge in anderen Lebensmitteln vor – zum Beispiel in Gemüsearten wie dem Sellerie – sofern dieser auf Böden angebaut wird, der mit synthetischen Mitteln gedüngt wurde.

Die Datenlage ist nicht ganz eindeutig

Die Datenlage zu den Gesundheitsaspekten von Trockenfleisch ist also teils unübersichtlich. Nicht zuletzt haben verarbeitete Fleischprodukte ja auch deshalb in manchen Kreisen ein schlechtes Image, weil industrielle Waren oftmals einen hohen Anteil gesättigter Fettsäuren beinhalten: ein Faktor, der stark von der Fütterung der Kühe abhängt.

Mehr zur Fütterung der Alpahirt-Kühe findest hier und zum Anteil ungesättigter Fettsäuren in Fleisch von Weidekühen bald auf unserem Blog.

Kritik an der Studie: Rotes Fleisch kann der Gesundheit schaden

Kritische Stimmen von Fachleuten zu der WHO-Studie kamen gleich nach ihrem Erscheinen auf. Einerseits richtete sich diese Kritik gegen die Methodik der Meta-Studie: Die WHO-Empfehlungen zur Reduktion des Fleischverzehrs basierten auf epidemiologischen Untersuchungen. Diese Beobachtungen stehen in der Kritik, nicht allzu glaubwürdige Ergebnisse zu liefern.

Das liegt daran, dass es schwierig bis unmöglich ist, den Einfluss einer Variabel X (Fleischkonsum) auf das Resultat Y (Darmkrebs) zu bestimmen. Dadurch werden die Ergebnisse relativ beliebig. Auch das spezifische Konsumverhalten für rotes Fleisch wurde nicht standardisiert.

Der andere Kritikpunkt bezog sich auf die absoluten Zahlen. Das absolute Risiko eines Menschen ohne ungünstige genetische Vorbedingungen, an Darmkrebs zu erkranken, ist relativ gering. Im Extremfall eines Menschen, der mehrmals täglich mehrere Scheiben gebratenen Speck (oder rotes Fleisch) zu sich nimmt, würde das Risiko, an Darmkrebs zu erkranken, im Verlauf einer langen Zeitspanne von 20 Jahren nur um 20 % zunehmen. Und das im Vergleich zu einer Person, die im gleichen Zeitraum überhaupt kein Fleisch zu sich nahm.

11,5 kg Rindfleisch isst jeder Schweizer im Jahr

Der durchschnittliche Schweizer verzehrt im Jahr rund 11,5 Kilogramm Rindfleisch pro Kopf. Eine kleine Matheübung zeigt uns, dass die anfangs erwähnten 50-Gramm Portionen täglich, auf denen die WHO-Rechnung basiert, einen jährlichen Konsum von über 18 Kilogramm bedeuten. An die kritische Schwelle, vor der gewarnt wird, kommen die meisten Schweizer Konsumenten also gar nicht erst hin. Ein Fakt, der auch in der Stellungnahme der Schweizerischen Behörden zu den gesundheitlichen Aspekten des Fleischkonsums Eingang findet. 

Im Weiteren gehen die Empfehlungen des Bundes mit direktem Verweis auf die WHO-Studie darauf ein, dass die Untersuchungen sich damals nur auf Erwachsene im Alter von 35–70 Jahren bezogen. Unseren älteren Mitbürgern empfiehlt die Bundesbehörde sogar einen erhöhten Fleischkonsum, da er bei der Deckung des Proteinbedarfs besonders wichtig sei.

Was heisst das jetzt für einen gesunden Fleischkonsum?

Bei näherer Betrachtung lässt sich feststellen, dass es für die grundsätzliche Gleichsetzung von Fleischkonsum mit irgendwelchen gesundheitlichen (Non-)Claims tatsächlich keine wissenschaftliche Beweislage gibt. Wie so oft in der Ernährung, aber auch in anderen Bereichen des Lebens, wird der gesundheitliche Einfluss des Fleischkonsums von den Faktoren Quantität und Qualität bestimmt.

Dass der tägliche Konsum ungeheurer Mengen an industriell verarbeitetem Fleisch (rotes Fleisch) aus Industriehaltung und unter Zusatz von Pökelsalzen und anderen „Helfern“ der Gesundheit nicht zuträglich ist, erschliesst sich wahrscheinlich den Meisten. Auch wegen der von grossen Fleischfabriken eingesetzten Praktiken und Fütterungsmethoden empfiehlt der Bund, dass sich die Menge an verzehrtem rotes Fleisch in einem Rahmen um die 750 g pro Woche und Kopf beschränken sollte.

Alpahirt verzichtet komplett auf jegliche Nitrat- und Nitritquellen (es entstehen also gar keine krebserregenden Stoffe) wie Pökelsalz, Salpeter, oder auch Randen und anderes Gemüse. Die gesundheitlichen Vorteile der artgerechten, naturnahen Haltung und den darin enthaltenen essenziellen Nährstoffen überwiegen hierbei eindeutig und macht rotes Fleisch von Alpahirt sehr gesund.

Wie so oft gilt daher: Weniger (dafür natürlich Gutes) ist mehr (für Mensch und Umwelt).

 

Quellen

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