Brief, einer Industrie-Wurst (Satire)

Grüezi liebe Alpahirten

Manchmal erreichen uns Nachrichten, mit denen wir nicht rechnen. Vor ein paar Tagen flatterte ein solch ungewöhnlicher Brief auf meinen Tisch. Geschrieben wurde er nicht von einem Landwirt oder Kunden, sondern von einer Industrie-Wurst. Ja, richtig gelesen. Eine Wurst, die von ihrem Leben erzählt. Er zeigt eindrücklich, dass wir bei Alpahirt einen guten Weg gehen. Nun möchte ich euch diesen Brief aber nicht länger vorzuenthalten.

Herzlichst,

Adrian


Lieber Adrian

Ich hoffe, du erschrickst nicht, wenn dir ausgerechnet eine Industrie-Wurst schreibt. Aber irgendwo muss ich ja hin mit meinem Frust. Ich bin nämlich… na ja, sagen wir’s so: Ich kenne mehr E-Nummern als Freunde.

Mein Alltag? Ein ewiges Schönheitsprogramm. Nitritpökelsalz, damit ich jugendlich rot bleibe. Zucker für den Glanz. Aromen, die nach Rauch riechen – obwohl ich nie ein Holzscheit gesehen habe. Dazu ein paar Stabilisatoren, Farbstoffe und Geschmacksverstärker. Ich bin ein wandelndes Chemiebaukasten-Experiment. Meine Zutatenliste ist so lang, dass selbst Doktoranden ins Schwitzen geraten.

Und weisst du was? Es macht mich müde. Denn am Ende des Tages bin ich zwar hübsch verpackt, aber völlig seelenlos. Ich schmecke nicht nach dem, was ich bin – ich schmecke nach dem, was Laboranten sich ausgedacht haben.

Dann höre ich Geschichten von deinen Würsten. Drei bis maximal fünf Zutaten, heisst es. Fleisch, Salz, Gewürze, Rotwein. Ich brauche ein langes Etikett, um mich vorzustellen. Deine passen auf eine Briefmarke. Und statt in einer Fabriklinie aufzuwachsen, entstehen deine Würste mit echten Menschen, echtem Handwerk und Tieren, die Gras gefressen haben, nicht importiertes Kraftfutter. Ehrlich gesagt: Ich bin grün vor Neid – und das ausnahmsweise mal ganz ohne Farbstoff E141.

Weisst du, Adrian, manchmal träume ich davon, wie es wäre, ein Alpahirt-Salsiz zu sein. Ich stelle mir vor, Menschen würden mich geniessen, nicht nur runterschlingen. Sie würden meine Einfachheit feiern, statt sich über meine Inhaltsstoffe zu wundern. Und niemand müsste googeln, was eigentlich „Mononatriumglutamat“ bedeutet.

Warum dieser Brief? Vielleicht liest ihn jemand und erkennt, dass echter Geschmack nichts mit E-Nummern zu tun hat. Und dass die Welt besser dran ist mit ehrlichen Zutaten statt mit billigen Tricks.

Falls es im nächsten Leben eine zweite Chance gibt, dann bitte: Lass mich ein Alpahirt-Salsiz werden. Ohne Zusätze, ohne Maske – einfach Wurst, die stolz sagen darf: Ich bin, was ich bin.

Mit künstlichem Aroma und stillem Neid,

deine Industrie-Wurst A1922311.

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